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Evolution und Essverhalten

Endocannabinoide: Warum der Darm drogensüchtig ist, und warum das dick macht

Endocannabinoide - Süchtig nach Kartoffelchips und Co.Tief in unserem Verdauungstrakt sind wir alle drogensüchtig. Denn der Darm des Menschen ist im wahrsten Sinne des medizinischen Wortes zum Kiffen geboren. Das ist kein Affront der Evolution gegen das aktuelle Betäubungsmittelgesetz, sondern ein physiologischer Trick, der unseren Vorfahren das Überleben gesichert hat. Denn die im Darm reichlich vorhandenen Endocannabinoid-Rezeptoren haben in der frühen Menschheitsgeschichte sichergestellt, dass unsere Urahnen immer gut bei Appetit und bestens bei Laune blieben, und dass sie sich bevorzugt auf fette Beute gestürzt haben. So sinnvoll dieser Mechanismus seinerzeit zur Arterhaltung gewesen sein mag, so fatal wirkt sich dieses evolutionäre Erbe heute aus. Denn der menschliche Darm weiß nicht, dass wir inzwischen in einer Überflussgesellschaft angekommen sind, in der die Suche nach möglichst nahrhaftem Essen direkt in die Fettleibigkeit führen kann. Doch wie beeinflussen die darmeigenen Endocannabinoide unser Ernährungsverhalten?

Warum Chips, Erdnüsse & Co. den Süchtel wecken

Viele Menschen kennen das: Wenn eine Chipstüte oder eine Dose gerösteter Erdnüsse mit appetitlichem Zischen geöffnet werden, dann läuft einem schon allein von dem verheißungsvollen Geräusch das Wasser im Munde zusammen. Und hat sich dann der erste Chip oder die erste Hand voll Erdnüsse auf der Zunge eingefunden, dann gibt es kein Halten mehr. Denn Aufhören ist jetzt ein absolutes Fremdwort. Erst wenn der letzte Chip gefuttert und die letzten Erdnüsse geknackt wurden, kann Ruhe einkehren. Warum aber ist das so? Dieses fast schon unstillbare Verlangen danach, Chips und Erdnüsse mit Stumpf und Stiel wann und wo auch immer gnadenlos auszurotten, ist einzig und allein dem Darm geschuldet. Denn im Darm lauern die Endocannabinoid-Rezeptoren. Und sobald der Mensch fettige Nahrung zu sich nimmt, werden reichlich Endocannabinoide ausgeschüttet, die an diesen Rezeptoren erst für ein lustvolles Feuerwerk und dann für den Chipskontrollverlust sorgen. Mit diesem simplen und nahezu unwiderstehlichen Mechanismus gewährleistet der Darm, dass fettige Futterquellen voller Sinnenfreude und wonnigem Wohlsein bis zum Versiegen ausgewertet werden. Und je mehr Chips man futtert, desto mehr Lust bekommt man auf Nachschub. Das ist wie ein Rausch. Wer beim Kiffen schon mal eine Fressattacke erlebt hat, weiß sehr genau, was damit gemeint ist. Und die zugrunde liegenden Wirkmechanismen sind tatsächlich exakt die gleichen. Dem Steinzeitmenschen hat dieser Bio-Trick unfehlbar den Weg zu besonders nachhaltigen Nahrungsquellen gewiesen. Uns „Neue“ schickt er leider mitten hinein in die Hölle des Übergewichts.

Warum kenne ich dann Menschen, die gegen Chips & Co. immun sind?

Die Physiologie ist – einmal mehr – ziemlich ungerecht. Denn inzwischen konnten auch jene Menschen bestens überleben (und sich lustig vermehren), bei denen die physiologische Reiz-Reaktionskette „Fettes Essen – Lust, Hunger, Gier, Ekstase – noch mehr fettes Essen“ nicht mehr funktioniert. Das sind dann jene zumeist schlanken Mitmenschen, die stundenlang an einem Chip rumlutschen können, ohne sich mit einem heiseren Aufschrei auf die ganze Tüte zu stürzen. Diese Beneidenswerten sind nicht etwa besonders diszipliniert, sondern haben einfach nur Gen-Glück.

Für alle anderen gilt: Womit man nicht anfängt, damit muss man auch nicht aufhören. Klingt zwar wenig lustvoll, ist aber leider die einzige Möglichkeit, den eigenen verfressenen Genen einen Maulkorb anzulegen.

Weiterführende Links zum Thema „Endocannabinoide“:

Endocannabinoide: Wir sind alle Kiffer
http://www.stern.de/gesundheit/gesundheitsnews/endocannabinoide-wir-sind-alle-kiffer-579736.html

Endocannabinoid-System
http://de.wikipedia.org/wiki/Endocannabinoid-System

Dr. Martina Hahn-Hübner: Heißhunger auf Chips? Die Darmzellen sind schuld!

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