… das gewaltig nach hinten losging. Die Vereinigten Staaten von Amerika wollten ihr gelobtes Land mit der Prohibition zu einem besseren machen. Doch das Totalverbot des Alkohols von 1920 – 1933 schoss komplett am Ziel vorbei und brachte statt dem gewünschten „trockenen“ Land das organisierte Verbrechen zum Florieren. Der damalige Präsident Herbert Hoover nannte die Prohibition ein „noble experiment“. Nobel mag es gewesen sein, aber auch von Beginn an zum Scheitern verurteilt.
Ursprung
Die Prohibition entstand natürlich nicht über Nacht, sondern findet ihre Wurzeln im Irland von 1829, wo der Franziskaner Vater Mathew eine Abstinenzbewegung ins Leben rief und ab 1838 mit seinen Anhängern einen Feldzug gegen den Teufel „Alkohol“ startete. Mit zunehmendem Erfolg. Schon bald mussten viele irische Pubs schließen und die Alkohol-Brennereien des Landes wurden rückläufig. Durch die gegründete „British and foreign Temperance Society“ zog sich die Botschaft bald durch ganz Europa, schwappte über nach Kanada und fand auch Einzug in die USA. Überall formten sich weitere Bewegungen und Ligen, die dem Alkohol den Kampf ansagten.
1851 verhängte der US-Bundesstaat Maine bereits ein erstes Alkoholverbot und 1869 gründete sich gar eine Partei gegen den Alkohol – die „Prohibition Party“. Die Stimmung gegen das „Feuerwasser“ zog sich bis ins Weiße Haus, woraus die Gattin des regierenden Präsidenten Rutherford B. Hayes sämtliche Spirituosen verbannte und für ihren Spitznamen „Lemonade Lucy“ sorgte. 1892 folgte die erste Forderung für ein bundesweites Alkoholverbot. Die Bewegungen gegen den Alkohol hatten eine Dynamik entwickelt, die nicht mehr aufzuhalten schien.
Der Stein war im Rollen
1893 entsprang aus der „Woman’s Christian Temperance Union“ die „Anti-Saloon-League“, die durch einflussreiche Mitglieder schnell an Macht gewinnen konnte. Die Liga machte den Alkohol allein für die Armut und Gewalt verantwortlich, sah in den Saloons die Brutstätte dafür. Durch die hohe Mitgliederzahl konnte die Anti-Saloon-League schon bald mit Wählerstimmen locken und Druck auf die Politiker der Zeit ausüben, was sich im Wirken der Liga rasant bemerkbar machte. Bis 1909 zeichnete sie für die Schließung von rund 120.000 Saloons verantwortlich. Während die Alkohol-Produzenten zitterten, formulierte die Liga klar ihr Ziel: Ein glücklicheres und gesundes Amerika ohne Alkohol. Auf dem Weg zu diesem Ziel war die League unaufhaltsam, sammelte immer einflussreichere und prominentere Mitglieder und hatte zunehmend schwächere Stimmen gegen sich. Finanzielle Unterstützer, wie John D. Rockefeller, bestärkten die Liga und bis 1916 hatten bereits 23 von den damals 48 Bundesstaaten das Alkoholverbot ausgesprochen.
Der Volstead Act
Ende 1917 schlug der Senat ein Gesetz zum bundesweiten Verbot des Alkohols vor. Um das Gesetz zu verabschieden wurde die ¾ Mehrheit der Staaten benötigt, die schon Anfang 1919 erreicht werden konnte.
Der Abgeordnete Andrew J. Volstead erarbeitete dann einen Gesetzesentwurf, den er den Repräsentanten vorlegte. Der Entwurf, der als Volstead Act in die Geschichte eingehen sollte, wurde innerhalb weniger Tage sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat abgesegnet und auch das Veto des Präsidenten Woodrow Wilson konnte nichts mehr ändern: Der Volstead Act wurde in die Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen und trat am 16. Januar 1920 in Kraft. Ab jenem Zeitpunkt war jeder Tropfen in den gesamten USA illegal.
Der Anfang vom Ende? – Die Katastrophe nimmt ihren Lauf
Mit immer weiter steigendem Druck hatte die Anti Saloon League ihre Interessen durchgesetzt und für ein Alkoholverbot im ganzen Land gesorgt. Die Folgen waren katastrophal. Winzer, Brauer und Brenner schlossen ihre Pforten, Saloons und Kneipen ihre Türen und sämtliche Lagerbestände des Alkohols wurden vernichtet. Viele Existenzen wurden zerstört, doch das Ende des Alkohols war der Anfang einer blühenden Kriminalität. Schwarzbrenner versorgten weiterhin viele Teile des Landes mit Alkohol und vor allem das Schmuggelgeschäft begann zu florieren. Die Kriminalität organisierte sich, baute komplexe Strukturen auf und gewann zunehmend an Macht und Einfluss. Das Land war korrumpiert. Behörden und Institutionen wurden entweder eingekauft oder mit massiver Waffengewalt eingeschüchtert, Schmuggelbanden konkurrierten und bekämpften sich, das ganze System war korrupt. Richter sprachen für die Verbrecher und Polizisten sahen weg, während Verbrechergrößen, wie Al Capone ihr Imperium aufbauten. Es herrschte Krieg auf den Gewässern und an den Grenzen, aber das organisierte Verbrechen war nicht aufzuhalten und der Alkohol floss in Strömen. Dies war die dunkle Kehrseite des „neuen, gesunden und glücklichen Amerikas“.
Zurück zur Vernunft
Die Prohibition hatte schon immer Gegner, doch diese wuchsen stetig, als das Ausmaß des Alkoholverbotes sichtbar wurde. Viele Alkohol-Gegner wechselten sogar die Seite und es formierte sich die „Association Against the Prohibition Amendement“ – die AAPA. Die Mitglieder machten sich stark für die Abschaffung der Prohibition und fanden letztlich Unterstützer, die zuvor noch zur Abstinenzbewegung gehörten. Nicht wenige Experten sahen gar einen Zusammenhang der Prohibition mit dem großen Börsencrash im Jahr 1929, gefolgt von der Weltwirtschaftskrise. Selbst Rockefellers Sohn kam zu der späten Einsicht, dass die Nachteile des Volstead Acts mittlerweile wohl die guten Absichten überwiegen würden und forderte die Abschaffung.
Als Frank D. Roosevelt 1933 die Wahl zum Präsidenten gewann, hielt er sein Wahlversprechen und sorgte für die Abschaffung der Prohibition. Ende 1933 war das landesweite Alkoholverbot aufgehoben.
Die Folgen der Prohibition
Das Alkoholverbot war aus der amerikanischen Verfassung verschwunden, aber die Folgen des „noblen Experimentes“ sind noch bis heute sichtbar. Alkoholbetriebe begannen von vorne und es dauerte Jahrzehnte bis sie sich erholt hatten. Das organisierte Verbrechen war kaum im Zaum zu halten und agiert bis heute. Zwar nicht mehr in dem Maße, wie es in den 20er und 30er Jahren der Fall war, aber es konnte nie vollständig zerschlagen werden – Schmuggel, Glücksspiel und Prostitution werden weiterhin von verschiedenen Organisationen kontrolliert. Noch heute dürfen in vielen US-Staaten keine Spirituosen öffentlich konsumiert werden und an manch kleinem Flecken herrscht noch immer absolutes Alkoholverbot. Auch wenn viele Experten vor der Prohibition gewarnt hatten, sieht man im Nachhinein überdeutlich, dass es sich um ein Experiment handelte, das die Menschheit gewiss nicht gebraucht hätte.
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