Die wissenschaftliche Psychologie kennt und beschreibt diverse Formen der Stressauslöser und der Stressbewältigung. Ein Stressor, den wir leider alle kennen, ist die schmähliche Beleidigung und respektlose Herabsetzung der eigenen Person vor versammelter Mannschaft. Manches Selbstbewusstsein hat aber auch schon durch einen kräftigen Anschiss unter vier Augen erhebliche Schäden davongetragen.
So oder so gilt es im Anschluss, den Stress zu verarbeiten. Da kann man still vor sich hin schmollen, dem Stress sportlich davonlaufen – oder auf eine ausgiebige Frust-Shoppingtour gehen. Und das kann dem Stress, den man auf sozialem Wege erlitten hat, ganz schnell noch den Stress des geplünderten Bankkontos aufsatteln. Wie man sich davor schützen kann, und warum das Plastikgeld so gefährlich ist, haben Forscher jetzt in einer Studie mental und pekuniär gewinnbringend enthüllt.
Teure Trostpflaster für den angekratzten Selbstwert
Ein ausgedehnter Einkaufsbummel vermag nach einem Tiefschlag gegen das Selbstbewusstsein wahre Wunder zu wirken. Denn wenn andere Leute einen schon nicht zu schätzen wissen, dann besänftigt etwas konsumunterstütztes Eigenlob wie Balsam die geschundene Psyche. Und so „verarzten“ die vielen bunten Hochglanztüten aus Luxusboutiquen und Edelshops die zu leckenden Seelenwunden. Diesem Verhaltensmuster haben sich Nathan Pettit von der Cornell University in Ithaca und Niro Sivanathan von der London Business School angenommen. Dabei hat dieses britisch-amerikanische Wissenschaftlerduo festgestellt, dass der klassische Frustshopper in all seinem Seelenkummer nur dann die Freudenhauspreise ignoriert, wenn er an der Kasse die Kreditkarte zücken kann.
Muss die Luxusware jedoch mit echtem Bargeld aus der real zur Hand genommenen Geldbörse bezahlt werden, dann läuten auch in den frustriertesten Hirnwindungen die Alarmglocken. Es kann also dem stressbedingten Edel-Bankrott ganz einfach dadurch vorgebeugt werden, dass man beim Frustshoppen jegliches Plastikgeld zuhause liegen lässt, und sich lediglich mit einem gewissen Kontingent an wahrem Barem bewaffnet. Doch warum funktioniert das? Wo sieht die Psyche so einen gravierenden Unterschied zwischen „Kohle“ und Kreditkarte?
Die Häupter der Lieben
Geld als solches hat eine ganz eigene gefühlte Sinnlichkeit und Wertigkeit. Warum sonst badet wohl Dagobert Duck ausschließlich in harter Währung statt in flexiblen Plastikkarten? An dieser Stelle geht es dem Menschen wie der Ente: Echtes Geld hat eine unmittelbare Anmutung, die dem anonymen Plastik völlig fehlt. Darum überlegt man es sich mehrfach, ob man einen kostbaren Geldschein gegen irgendwelchen Yutz eintauschen will, den man sowieso nicht braucht. Bei der Kreditkarte fallen solche Erwägungen schnell flach, weil dem Plastik schlicht und ergreifend die psychologische Wertschätzung fehlt.
Die Wirtschaftspsychologen Pettit und Sivanathan sehen das so: Wer ganz konkret Bargeld aus der Hand gibt, muss unmittelbar eine Art des Trennungsschmerzes erleiden, weil er die „Häupter seiner Lieben“ im eigenen Portemonnaie sicht- und spürbar dezimiert. Und wer ohnehin schon mies drauf ist, weil er noch vor Kurzem erst lang gemacht und dann zusammengefaltet wurde, der mag nicht auch noch um sinnlos dahin schwindende Banknoten trauern.
Weiterführender Link zum Thema „Frust-Shopper“:
Nathan C. Pettit & Niro Sivanathan:
The Plastic Trap: Self-Threat Drives Credit Usage and Status Consumption
Social Psychological and Personality Science, published online 24 September 2010
DOI: 10.1177/1948550610385138
PDF: http://spp.sagepub.com/content/early/2010/09/29/1948550610385138.full.pdf
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