Fast meint man, Karl Theodor zu Guttenbergs Unschuldsbeteuerungen noch im Ohr zu haben. Nein, er habe nicht abgeschrieben. Nein, er habe keine Urheberrechte missachtet. Und wenn doch, dann ohne es zu wissen oder ohne es zu wollen. Wie viel Glauben man diesen Bekundungen im Nachhinein schenken will, ist persönliche Ansichtssache. Eine Tatsache allerdings ist es inzwischen, dass ab sofort niemand mehr um den aktiven Nachweis seiner akademischen Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe herumkommen wird. Dafür sorgt ein neues begrüßenswertes Angebot der Pädagogischen Hochschule Freiburg: die anonyme freiwillige Plagiatskontrolle.
Vom Wissensrinnsal zum Quellenwildwasser
Als Studierende für ihre Fingerübungen in Sachen wissenschaftlicher Kommunikation und Dokumentation noch in den Universitätsbibliotheken staubige Folianten durchackern mussten, nahmen sich die Quellennachweise in den Studienarbeiten noch recht übersichtlich aus. Wenn jemand damals im akademischen Schweiße seines gelehrten Angesichts zehn fachliche Informationsquellen gelesen und entsprechend nachgewiesen hatte, dann war das schon eine beträchtliche Menge.
Doch heute, in den Zeiten von Dissertation 2.0, stellt sich die Quellenlandschaft ganz anders und deutlich reichhaltiger dar. Denn jetzt kann man sich auf einen Knopfdruck in rasender Geschwindigkeit sämtliche öffentlichen Fachbibliotheken dieser Welt zunutze machen. Und diese internette Kunst wird von den Prüfungsgremien inzwischen auch durchaus erwartet. So kommt es, dass ein Literaturnachweis, der früher einer Doktorarbeit gut zu Gesicht gestanden hätte, heute noch nicht mal mehr für ein mickriges kleines Seminarreferat ausreicht. In dieser Hinsicht ist es also vorbei mit dem lustigen Studentenleben.
Mit gefangen, mit gehangen
Nachwuchswissenschaftler, die im Netz nach geistiger Nahrung fischen, verlassen sich darauf, dass das, was sie beim Suchen finden, wahr und authentisch ist. Mit dieser Annahme kann man Recht behalten, muss es aber nicht. Denn auch das Internet selbst ist voll mit Kolportagen, Plagiaten oder mehrfach vorhandenen Inhalten nicht mehr eindeutig bestimmbarer Herkunft. Und da erhebt sich ein echtes Problem, das auch Gutti zum Verhängnis geworden sein könnte. Denn wenn man reinen Herzens und besten Gewissens nach einem internetten Fundort zitiert, der seinerseits keinen korrekten Quellennachweis (mehr) geführt hat, dann sitzt man urplötzlich mit im Plagiatsboot. Ohne es zu wissen und ohne es gewollt zu haben.
Kampf dem unbewussten Plagiat
Die Pädagogische Hochschule Freiburg hat etwas gegen Plagiate in der Wissenschaft. Und zwar etwas extrem Sinnvolles: eine gut funktionierende Plagiatserkennungssoftware. Davon berichtet Hochschul-Medienreferentin Kerstin Eleonora Kohl mit verständlichem Erfinderstolz. Mit diesem raffiniert ersonnenen „Enthüllungsprogramm“ kann jeder wissenschaftliche Autor, der sich hier sehr gewissenhaft und gründlich prüfen möchte, feststellen, ob er in Sachen Zitate und Quellennachweis korrekt gearbeitet hat. Und das gerne auch anonym.
Hätte doch die Universität Bayreuth, die dem Ex-Verteidigungsminister etwas zu vorschnell den Doktorhut aufgesetzt hat, damals schon dieses Freiburger Entlarvungsprogramm starten können. Es wäre allen Beteiligten viel Unheil und Unmut erspart geblieben.
Weiterführende Links zum Thema „Plagiatskontrolle“:
PH Freiburg bietet anonyme Plagiatskontrolle für Studenten: Bin ich ein Plagiator?
http://www.einstieg.com/
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