Computerfreak oder Wissenschaftler, Weltverbesserer oder Sicherheitsrisiko, tragische Figur oder Krimineller – wer ist Julian Assange, dessen Arbeit so provoziert und polarisiert?
Enthüllungen geheimer Dokumente schon vor WikiLeaks
Als Assange 1971 im australischen Townsville geboren wird und mit dem Wanderzirkus seiner Eltern herumzieht, ist das der Beginn eines unsteten Lebens. Umzüge mit der Mutter nach dem Fortgehen des Vaters sind an der Tagesordnung und Assange bezeichnet sich rückblickend selbst als eine Art Tom Sawyer.
Erste Erfahrungen im Alter von 16 Jahren mit einem Computer Commodore 64, eigene Programmierversuche und ein Modem ziehen den Autodidakten und Eigenbrötler in den Bann des Internets. Seine Karriere als Hacker unter dem Pseudonym Mendax beginnt. Allein 1992 wird er in 24 Fällen wegen Hackens verurteilt.
Ein zermürbendes Privatleben
Die frühe Ehe, die der achtzehnjährige Assange eingeht, schenkt dem Paar zwar einen Sohn, ist aber von kurzer Dauer. Der Trennung 1991 folgt ein jahrelanger Rechtsstreit um das Sorgerecht, der die Abneigung des Außenseiters gegen Behörden und Verwaltung verstärkt. Von Depressionen und psychischen Störungen ist die Rede und am schlagartigen Ergrauen des jungen Mannes sind die starken seelischen Belastungen auch äußerlich erkennbar
Eine Idee und ein einsamer Weg
Ein Studium der Mathematik und Physik an der Universität von Melbourne beendet Julian Assange ohne Abschluss, arbeitet in verschiedenen Ländern und beschäftigt sich mit Verschlüsselungstechniken und der Idee, die politische Welt menschlicher zu machen und Behördenmacht anzuzweifeln.
2006 gründet er mit einigen Gleichgesinnten, darunter John Young, die Internet-Plattform WikiLeaks, um Missstände durch das Veröffentlichen geheimer Dokumente anzuprangern und Skandale und Willkür aufzudecken.
Nach einem Zerwürfnis zwischen Assange und Young ist es nur noch Assange, der in der Öffentlichkeit für WikiLeaks steht, alle anderen Mitarbeiter bleiben im Hintergrund. Mit seiner charismatischen Ausstrahlung bindet er Menschen an sich und beherrscht sie wie ein Tyrann, so berichtet später der Insider Daniel Domscheit-Berg in seinem Buch über die Zeit bei WikiLeaks.
Aufstieg und Fall? Ungerechte Verfolgung oder Straftat?
Großes Aufsehen erregt die Internetplattform mit Berichten und Videos über Kampfeinsätze der US-Armee im Irak und in Afghanistan und über Übergriffe auf Zivilisten. WikiLeaks wird berühmt, kann sich vor Material kaum mehr retten und Assange jettet um die Welt, immer in der Angst vor Überwachung und Beschattung.
Die Geldmittel, mit denen sich WikiLeaks finanziert, stammen aus Spenden und setzen sich fast ausschließlich aus kleinen Beträgen zusammen – WikiLeaks hat viele Sympathisanten.
Als 2010 in Schweden ein Verfahren gegen Assange wegen sexueller Vergehen an zwei jungen Frauen eröffnet und ein internationaler Haftbefehl ausgestellt wird, sieht der WikiLeaks-Gründer darin ein politisches Komplott wegen seiner Enthüllungen. Er stellt sich am 7. Dezember 2010 in London der Polizei. Das Gericht entscheidet am 24. Februar 2011, dass Assange nach Schweden ausgeliefert wird – ein Berufungsverfahren ist zu erwarten.
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