Die Pubertät ist ein rechtes Schreckgespenst, das jede Familie eines Tages heimsucht und alles auf den Kopf stellt. Die Kinder – bis vor kurzem noch ungemein niedlich und weitgehend pflegeleicht – legen ein Verhalten an den Tag, das viele Eltern verzweifeln lässt.
Mal werden die Hausarbeiten völlig vernachlässigt, mal finden die sozialen Kontakte nur noch online statt. Das Teenagerzimmer gleicht bisweilen einer Müllhalde und bei der Körperhygiene gibt es zwei Extreme: Während sich manch einer überhaupt nicht mehr waschen mag, verbringen vor allem die Mädchen Stunden hinter verschlossenen Badezimmertüren.
Auch heftige Wortgefechte sind an der Tagesordnung, das friedliche Familienleben hat sich in Geschichte verwandelt. Mag das Verhalten der Jugendlichen den Eltern auch noch so wehtun: Die Jugendlichen können derzeit einfach nicht anders handeln.
Frischer Wind für eingefahrene Beziehungen
Tatsächlich hat das Gehirn der Heranwachsenden mit massiven Umbauten zu kämpfen. Davon betroffen ist vor allem der präfrontale Kortex – die Gehirnregion, die für die Gefühlssteuerung und deren realistische Einschätzung verantwortlich ist.
Und nicht nur auf der Gefühlsebene herrscht das Chaos, auch der Körper verändert sich unter dem Einfluss massiver Hormonschübe. Keine Frage: Die Pubertät stellt eine Umbruchphase dar und die Kinder werden erwachsen.
Schwer haben es da nicht nur die Heranwachsenden, sonder vor allem Eltern, die keine Veränderungen zulassen wollen. Leichter wird diese turbulente Zeit, wenn die Veränderungen als Bereicherung des gemeinsamen Miteinanders angesehen werden.
Die Eltern-Kind-Beziehung kann so eine völlig neue Qualität erhalten. Was auch immer geschieht: Es ist wichtig, die Beziehung zum Kind aufrecht zu halten – gerade dann, wenn der Nachwuchs über die Stränge schlägt.
Kinder brauchen Grenzen – auch in der Pubertät
Die Beziehung aufrecht zu erhalten bedeutet allerdings nicht, sich von den Kindern alles gefallen zu lassen. Wer um des lieben Friedens willen permanent nachgibt und dem Nachwuchs grenzenlose Freiheit gewährt, tut weder sich noch den Jugendlichen einen Gefallen.
Tatsächlich lotet der Nachwuchs jetzt bewusst die Grenzen aus und initiiert Machtkämpfe. Werden ihm jetzt keine Grenzen gesetzt, überspannt er den Bogen einfach noch ein bisschen weiter – und dadurch entgeht ihm eine wichtige Lektion im Leben: Die Freiheit des Einen wird durch die Freiheit des Anderen begrenzt. Wer nur und ausschließlich seinen Willen durchsetzt, ohne auf die Bedürfnisse der anderen ebenfalls einzugehen, wird ein unangenehmer Tyrann.
Die Kunst in den stürmischen Zeiten der Pubertät besteht vor allem darin, die Kinder einerseits loszulassen, so dass sie ihren eigenen Weg gehen können. Zugleich müssen die Eltern jedoch den nötigen Halt geben, denn die Jugendlichen brauchen einen verlässlichen Rückzugsort – und den finden sie zu Hause. Das gilt übrigens selbst dann noch, wenn die „lieben Kleinen“ längst eine eigene Familie gegründet haben.
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