Sonja Zietlow, die sympathische und stets mitfühlende TV-Moderatorin, musste jüngst schmerzlich erfahren, dass das Vertrauen in scheinbar seriöse Tierschützer ganz gewaltig nach hinten losgehen kann. In bester Absicht stellte sie einer bis dato untadelig anmutenden Dame ein geräumiges Anwesen zur Verfügung, damit Not leidende Hunde dort wieder auf eine liebevolle Zukunft hoffen durften. Was die prominente blonde Hundeliebhaberin allerdings nicht ahnen konnte: Die so vertrauenswürdig erscheinende Dame litt an dem Animal Hoarding Syndrom. Und darum mussten viele Hunde für lange Wochen eine unsägliche Hölle durchleiden.
Was ist Animal Hoarding?
Der englische Fachbegriff ist am treffendsten mit „Tiersammelsucht“ oder „Tierhorten“ zu übersetzen. Es handelt sich um eine psychische Störung, die in ihrer Qualität den Zwangskrankheiten verwandt ist. Die Betroffenen haben das unstillbare Verlangen, lebende Haustiere zu sammeln, obwohl sie in keiner Weise dazu in der Lage sind, den Tieren eine artgemäße Existenz zu bieten. Das führt in kürzester Zeit dazu, dass die rasant ansteigende Zahl gesammelter Tiere unter erbärmlichsten Bedingungen dahinvegetieren muss:
Ohne die mindeste Hygiene oder Pflege, ohne ausreichendes Futter und ohne tierärztliche Versorgung. Krankheitsbedingt fehlt es dem Tiersammelsüchtigen an der notwendigen Einsichtsfähigkeit in diese offensichtlichen Missstände. Auch dann, wenn die abgemagerten und kranken Tiere auf engstem Raum in ihren eigenen Exkrementen liegen müssen, ist der Tierhorter noch der Meinung, dass das alles so seine Ordnung hat. In Deutschland tut man sich noch schwer damit, dieses psychische Krankheitsbild offiziell zur Kenntnis zu nehmen und dementsprechend methodologisch zu erforschen. In den USA ist man hier schon etwas weiter. Dort sind derzeit deutlich über 1000 Fälle von Animal Hoarding aktenkundig geworden, bei denen hunderttausende von Tieren unvorstellbare Qualen erdulden mussten.
Welche Menschen sind gefährdet?
Tiersammelsüchtige sind in drei von vier Fällen alleinstehende ältere Frauen, die sich selbst in voller ehrlicher Überzeugung als engagierte Tierschützer sehen. Diese Frauen fühlen sich einsam und haben Angst davor, in völliger Isolation aus dem gesellschaftlichen Leben gedrängt zu werden. Die gesammelten Tiere werden dann als eine Art Ersatzfamilie empfunden, mit deren Größe auch das wieder zurückgewonnene Glücksgefühl anwächst. Dazu gesellt sich das hohe soziale Ansehen, welches Menschen genießen, die sich für hilflose Tiere aufopfern. So kann der tiersammelsüchtige Mensch mit seinem pathologischen Verhalten eine eigene Scheinwelt aufbauen, in der er sich geliebt und gebraucht fühlt. Auch wenn die Realität leider anders und sehr grausam aussieht.
Wie kann man helfen?
Es bedarf einer guten Beobachtungsgabe und eines feinen Gespürs, um Tierhorter zu enttarnen. Denn diese Menschen beherrschen es nahezu perfekt, ihr Leben und ihre Privatsphäre vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Alarmsignale sind aber in jedem Fall regelmäßiger und andauernder Tierlärm sowie die charakteristische Geruchsbelästigung, die von stark verwahrlosten Tieren ausgeht. Solche Anzeichen eines Verdachts auf Animal Hoarding sollten daher unverzüglich dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden.
Frau Zietlow wurde durch ihre schmerzlichen persönlichen Erfahrungen mit der Tiersammelsucht einer Vertrauen erweckenden Frau zutiefst enttäuscht. Doch sie nimmt dieses Erlebnis zum Anlass, nun ihrerseits für die Tiere und gegen die Ignoranz der Behörden zu kämpfen. Das ist ein in jeder Hinsicht unterstützenswertes Unterfangen.
Foto: © Sonja Zietlow, RTL/Gregorowius
© Pixel Trader Ltd. 2013 Alle Rechte vorbehalten